Schmerz für Moskitos, Glück für Katzen: die Katzenminze [Pflanze des Monats Mai 2021]

03. Mai 2021

Im Mittelalter war sie in Kräutergärten unverzichtbar, heute ist sie aber fast nur noch als Ingredienz in "Katzenspielzeugen" zu finden - die Katzenminze. Aber sie hat für Chemiker eine interessante neue Leitstruktur bereitgestellt!

 

Die Katzenminze (Nepeta cataria) ist ein recht unauffällig blühender Lippenblütler. Für Menschen riecht sie wenig attraktiv mit einer deutlichen "Off-Note", so dass es für die Verwendung als Gewürzkraut nicht reichte - ihre Verwandten wie Minzen, Oregano, Basilikum oder das Bohnenkraut sind da viel interessanter.

Im Mittelalter war die Katzenminze als Heilpflanze (übrigens mit keinem je wirklich nachgewiesenen Nutzen für den Menschen) in praktisch allen Kloster- und Bauerngärten zu finden. Von dort aus verwilderte sie in die freie Natur und war über lange Zeit bei uns etabliert. Bewiesen wird das unter anderem durch das Vorhandensein eines spezialisierten Glanzkäfers (Meligethes incanus), den man ausschließlich auf Katzenminze findet. Er ist in der Lage, auch kilometerweit entfernt liegende kleine Vorkommen von Katzenminze zu lokalisieren, wie die AGNUS schon vor einigen Jahrzehnten bei Bruchsal nachweisen konnte.

Der Name "Katzenminze" hat dagegen einen wahren Hintergrund, wie Katzenbesitzer wissen. Ein Haupt-Inhaltsstoff, das Nepetalacton, regt vor allem bei den weiblichen Katzen Opioid-Rezeptoren an und verursacht ein kurzfristiges, aber intensives "High". Nicht selten finden die Gartenbesitzer ihre Katzenminzen am nächsten Morgen niedergetrampelt wieder, nachdem sich die Katzen der Nachbarschaft darin gewälzt haben. In den Tierhandlungen gibt es neuerdings ganze Serien von "Kissen" oder "Säckchen" mit getrockneter Katzenminze zum Spielen für die häuslichen Lieblinge. Die getrocknete Katzenminze ist allerdings bei weitem nicht so interessant wie die frische Ware.

Im Mittelalter soll die Katzenminze außerdem gut gegen Flöhe, Zecken und anderes Krabbelgetier in der Wohnung gewesen sein. Diese Überlieferung schien lange vergessen, erhielt jetzt durch neue Untersuchungen aber überraschende Bestätigung. Eine Arbeit von Melo et al. (Curr. Biol.) von 2021 bewies, dass durch das Nepetalacton bei Insekten und Zecken ein Schmerzrezeptor effektiv aktiviert wird. Katzenminze verursacht also echte Schmerzen bei Moskitos! Der Rezeptor ist verwandt mit dem "Wasabi"- und "Meerrettich"-Rezeptor bei Menschen, dieser wird aber durch Katzenminze nicht aktiviert.
Die Katzenminze selber ist zwar für effiziente Abschreckung von Insekten wenig geeignet (obwohl Ihre Katze vielleicht von dem Versuch begeistert wäre), aber die Chemiker haben damit eine neue Leitstruktur, die sie zur Entwicklung von guten Repellents benutzen können.

Und die Katzenminze bei uns? Leider gehen die Vorkommen in freier Natur vielerorts dramatisch zurück oder sind schon ganz verschwunden, so wie diejenigen an der "Kreuzhohle" beim Rohrbacher Hof. Neuerdings taucht die Art aber in Mannheim und Karlsruhe zunehmend in Industriebrachen und Hafengebieten auf - möglicherweise handelt es sich bei ihr um einen Klimaprofiteur. Auch ihre Verwendung in Bauerngärten ist fast erloschen - in Wiesental war sie früher noch im Wärzwisch zu Mariä Himmelfahrt unter dem Namen "Spreikraut" vertreten. Verwandte Zierpflanzen aus der gleichen Gattung werden neuerdings auf Schotterkreiseln gepflanzt, sind aber nicht das Gleiche wie die echte Katzenminze.

Die AGNUS hat die Katzenminze auf die "Bruchsaler Gartenliste" genommen, um ihre Tradition aufrechtzuerhalten. Wenn Sie sie in den Garten pflanzen, behalten Sie die mittelalterliche Kräutertradition, das Glück Ihrer Katze und den Schrecken für die Moskitos im Sinn.

(3.5.2021 MHa)