Der einzige erfolgreiche Kampf des Naturschutzes gegen eine Straßenumgehung im ganzen Land!

Man glaubt es kaum - die Pläne für eine B-35-Nordumgehung Bruchsal sind älter als die AGNUS! Bereits im Jahr 1978 gründete sich eine Bürgerinitiative (BINUS) gegen die Nordumgehung, die es bis heute gibt. Deren Gründungsmitglieder Jürgen Schmitt und Gert Meisel kamen dann mit den lokalen, damals als Einzelkämpfer tätigen Naturschützern zusammen, und man beschloss gemeinsam, die AGNUS zu formieren. Damals gab es noch keine "modernen" Naturschutzverbände wie den BUND, und der NABU war noch ein betulicher Zusammenschluss von Vogelbeobachtern.

Die Argumente gegen die Nordumgehung waren 1980 die gleichen wie heute:

  • Die letzten großen zusammenhängenden Naturräume nordöstlich von Bruchsal würden zerschnitten
  • Unersetzliche Streuobstbestände würden zerstört (wie das NSG "Rotenberg")
  • Zusätzlicher Verkehr würde angezogen (Ersatz-Autobahn)
  • Die unvermeidlich folgenden "Querspangen" nach Kraichtal brächten weitere katastrophale Zerstörungen
  • Über kurz oder lang würde die Strecke zur vierspurigen A 80 ausgebaut, also einer echten Autobahn
  • Besonders wichtig: die Stadt Bruchsal würde nicht entlastet, weil der Ziel- und Quellverkehr auf der bestehenden B 35 nicht so stark abnehmen würde, dass eine echte Entlastung eintreten würde. Die so genannte "Wahrnehmungsschwelle" von 50 % Reduktion wäre nicht erreicht worden.
  • Für den Lärmschutz an der bestehenden Trasse gäbe es kein Geld mehr.

Sowohl Bruchsal als auch die Natur wären also die Verlierer...

Die Prozesse

Über 15 Jahre tobte der Kampf. Hunderttausende von D-Mark wurden gegen die Trasse gespendet, und die Experten der AGNUS und BINUS rüsteten sich mit juristischem Sachverstand aus. Damals gab es noch keine Verbandsklage, so dass ein vereinseigenes Grundstück auf dem Heubühl als Grund herhalten musste. Ab 1992 eskalierte schließlich alles in einer Serie von Gerichtsprozessen. Die erste Instanz wurde von Naturschutz spektakulär gewonnen, da die von den Straßenbauern vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen in keinster Weise genügt hatten.

In der zweiten Instanz vor dem knochenkonservativen VGH in Mannheim gingen wir dann notgedrungen einen Kompromiss ein, da absehbar war, dass wir in den letzten Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht verlieren würden. Der Westteil der Trasse durfte umgehend gebaut werden, aber das Land legte den Weiterbau im Osten auf Eis, und die Stadt "spendierte" 50 Hektar zusätzlichen Ausgleich, den es leider bis heute teilweise noch nicht oder nicht mehr gibt. Das war der erste Fall, in dem eine Klage eines Naturschutzverbands in Baden-Württemberg ein großes Planfeststellungsverfahren erfolgreich verhinderte! Die AGNUS schrieb daher Rechtsgeschichte.

Die bestehende Trasse wurde in den Folgejahren erfolgreich ertüchtigt (es hatte sich herausgestellt, dass die Straßenbaubehörden absichtlich den Ausbau verschleppt hatten, damit das Verkehrsproblem in Bruchsal dramatischer aussähe als es war). Die Staus im Westen von Bruchsal dünnten sich aus, und alles sah gut aus.

Die Geschichte der B-35-Nordumgehung bis 2002 lesen Sie ausführlich hier.

2016-2020: Das Monster kommt zurück, oder?

Alles schien gut, bis vor einigen Jahren - trotz grüner Beteiligung an der Landesregierung - plötzlich der Bund verkündete, nicht nur massiv Geld in den Straßenausbau stecken zu wollen, sondern die Behörden erklärten die nutzlose Trasse der Nordumgehung wieder in den vordringlichen Bedarf. Offensichtlich wollten einige Straßenbauer vor den Pensionierung die Scharte auswetzen...

Der Kampf ging von vorne los. Es hatte sich aber eines geändert: während in den 1990er Jahren noch OB Doll kompromisslos für die B 35 gekämpft hatte, besaßen die neue OB, die Stadtverwaltung und auch der Gemeinderat genügend Weitsicht, um die Trassenführung in Frage zu stellen und sich den alten Argumenten gegenüber aufgeschlossen zu zeigen.

Im Januar 2020 dann der vorläufige Durchbruch: der Stadtrat von Bruchsal stellte sich einstimmig (!) hinter ein Konzept eines Gutachters, das einen Tunnel auf der bestehenden Trasse vorsieht und als bezahlbar sowie möglich bezeichnet. Die Landes- und Bundesbehörden hatten vorher signalisiert, dass man sich nicht gegen das Votum des Gemeinderats stellen würde - was noch zu sehen bleibt.

AGNUS und BINUS bleiben dem alten Kampf treu! Noch ist nichts final entschieden...

(MH)