Ökologie am Straßenrand: Wie mähen wir richtig?

 

Jeder hat es inzwischen gehört oder gelesen: Unsere Insektenwelt leidet stark, die Zahl der Insekten geht dramatisch zurück. Dafür gibt es viele Gründe: Die Landwirtschaft wurde stark intensiviert, Monokulturen wie Mais nehmen riesige Flächen ein, der Einsatz von Herbiziden hat die Wildblumenvielfalt drastisch reduziert, Brachflächen gibt es kaum noch.

Dadurch ist der Wert der noch vorhandenen „Restflächen“, wie etwa Straßen- und Wegeränder, deutlich gestiegen. In vielen Bereichen ist das „Straßenbegleitgrün“ der letzte Rest von halbwegs funktionierender Ökologie inmitten ausgeräumter Landschaft.

Hier aber wird zu viel und oft falsch gepflegt und gemäht!

Beispiel: Schwalbenschwanz

 

Vor Jahrzehnten war der Schwalbenschwanz ein Schmetterling, den jedes Kind kannte. Oft fand man seine Raupe an Karottenpflanzen im eigenen Garten, sah im Spätsommer oft mehrere Falter am Sommerflieder.

Der Schwalbenschwanz schlüpft im Frühjahr, die erste Generation des Jahres legt ihre Eier in der Regel an Wilder Möhre (oder eben an der Karotte) ab. Wenn sich die Raupe entwickelt hat, verpuppt sie sich. Das macht sie eigentlich ganz trickreich: Sie klettert auf einen etwas höheren Pflanzenstiel, spinnt mit einem Seidenfaden einen Gürtel und hängt dann für einige Wochen etwa einen Meter über dem Boden. So ist sie davor geschützt, etwa von Mäusen gefressen zu werden, oder am Boden zu verfaulen.

Bis der Mähbalken kommt! Werden die Pflanzenstiele, an denen die Schwalbenschwanzpuppe hängt, zu früh abgemäht, so landet die Puppe am Boden, wo sie gefressen wird oder verfault. Besonders hoch ist das Risiko für die zweite Faltergeneration des Jahres: Im Hochsommer legen die Schwalbenschwänze ihre Eier am wilden Pastinak ab, der im Juli/August straff aufrecht an vielen Straßenrändern steht. Sie haben nur eine Chance, wenn die Pflanzenstiele bis mindestens März stehen bleiben, so dass dann die nächste Faltergeneration schlüpfen kann. Eine Mahd zu viel, und der Schwalbenschwanz ist Geschichte!

Beispiel: Heufalter

 

Einige Schmetterlingsarten sind auf Gräser spezialisiert. Die Raupen leben an verschiedenen Gräsern. Sie entwickeln sich vor allem im Mai und Juni. Wird in dieser Zeit mit einem Balkenmäher gemäht, haben sie eine Chance, bei einem Mulchmäher dagegen nicht.

Daher sollten immer dort, wo es technisch möglich ist, Altgrasstreifen bei der Mahd ausgespart bleiben, Mulchmäher sollten generell nicht eingesetzt werden.

Beispiel: Bodenbewohnende Wildbienen und Grabwespen

 

Die beliebten Insektenhotels, die die Ansiedlung von Wildbienen erleichtern sollen, sind sicher hübsch, sie helfen allerdings nur relativ wenigen Arten. Sehr viele Wildbienen und auch Grabwespen sind Bodenbewohner. Sie graben ihre Nistgänge vor allem zwischen lückiger Vegetation. Oft werden auch Straßenböschungen und natürlich auch Lößwände besiedelt.

Die bodenbewohnenden Bienen und Wespen werden an sich durch eine Mahd eher begünstigt, allerdings dann nicht, wenn das Schnittgut an Ort und Stelle verbleibt und verrottet. Dadurch werden die Einfluglöcher versperrt und die Gefahr von Pilzkrankheiten steigt.

Daher ist es unerlässlich, nach der Mahd das Schnittgut abzuräumen!

Die AGNUS-Forderungen für ein ökologisches Mahd-Regime in Bruchsal

 

  1. An Straßenrändern und Wegen sollte bei der ersten Mahd im Mai/Juni nur eine Mähbalkenbreite abgemäht werden.
  2. Die zweite Mahd sollte nicht vor August erfolgen.
  3. Wo immer möglich, sollten ein Drittel bis die Hälfte der Fläche alternierend gemäht werden, so dass immer genügend ungemähte Flächen für die Insekten zur Verfügung stehen
  4. Säume an Hecken sollten nur einer Mahd im Februar unterzogen werden, um überwinternde Arten zu fördern. Dasselbe gilt für Altgrasstreifen.

Grundsätzlich dürfen keine Mulch-Mäher, sondern nur Balken- oder Kreiselmäher eingesetzt werden!

(1.9.2020 DHa)