Hohlwege und Lösswände - der ungewöhnlichste Kraichgau-Biotop

 

 

Hohlwege gehören zu den Charakterelementen der Lösslandschaft des Kraichgaus. Sie sind als Relikt­biotope unersetzlich und bieten zahlreichen Spezia­listenarten Lebensraum. Nicht zu vergessen ist auch die heimatkundliche Bedeutung innerhalb der Flur- und Ortsgeschichte.

Die Entstehung und Entwicklung von Hohlwegen war bisher nur ungenügend untersucht und wird im "Hohlwege-Buch" (Wolf, Hrsg., 1993) ausführlich ge­schildert. Wir führen daher hier nur einige Stichwor­te auf.

 

Entstehung von Hohlwegen

Hohlwege entstehen nicht durch Wassererosion, sondern praktisch ausschließlich durch das inten­sive Befahren von steilen Wegen mit Fahrzeugen aller Art. Der dabei aufgerissene Löss zerfällt in ein feines Pulver, das bei den nächsten Starkregen aus der Hohle ausgeschwemmt wird. Das Wasser dient dabei aber lediglich als Hilfsmittel zur Erosion und ist nicht Hauptursache.

Die Hohlwege liegen also stets im Verlauf von We­gen. Dabei handelte es sich um Ortsverbin­dungs­wege und um Gewannerschließungen.

 

 

Profile von Hohlwegen

Je nach dem Alter eines Hohlwegs kann seine Ve­getation und sein Profil ganz verschieden sein. Im wesentlichen wird zwischen der U-Form mit senk­rechten oder sehr steilen Lösswänden (in jungen Hohlwegen) und der V-Form mit schrägen, meist verbuschten oder bewaldeten Flanken (in alten Hohl­wegen) unterschieden.

Ökologisch besonders wertvoll sind die Hohlwege mit steilen oder senkrechten, besonnten Flanken und Lösswand- oder Halbtrockenrasenvegetation. Die eutrophierten oder robinienbestandenen Hohl­wege sind dagegen meistens stark verarmt.

 

 

Vegetation

Ein Hohlweg mit seinen verschieden exponierten, unterschiedlich steilen, besonnten und beschatteten Flanken besteht in der Regel aus einem ganzen Sy­stem kleiner, eng abgegrenzter Standorte (Mikro­bio­tope). Diese kön­nen von extrem heißen, sonnen­ex­ponierten und steilen Lösswänden bis hin zu sicker­feuchten, kühlen und ständig beschatteten Über­hän­gen reichen. Die räumliche Ausdehnung dieser Kleinbiotope kann unter Umstän­den nur weni­ge Me­ter betragen; bei manchen Moosen sind diffe­ren­zier­te Standorte von nicht einmal Quadrat­meter­größe bekannt.

Besondere Pflanzen kommen vor allem auf sonni­gen, "nackten" Lösswänden vor: eine ganze Gruppe von Lössmoosen (siehe Ein­leitung zum Kapitel "Moose") mit einer Reihe von überregionalen Raritäten sowie Lössflechten wie die äußerst seltene Löss-Stern­flechte Solorinella asteriscus (s. Kap. "Flech­ten").

 

Die Feldbeifuß-Lösswandgemeinschaft

Das ist eine überaus merkwürdige Pflanzengesell­schaft, die sich nur an ex­trem lückigen und heißen Steil­wänden und Abbrüchen an Hohlwe­gen findet. In dieser Extremgesellschaft konn­ten sich interessan­terweise Sand­spe­zia­listen der Rhein­ebe­ne erfolg­reich im Kraichgau behaup­ten. Die Gesellschaft hat von ihrer Arten­zusam­mensetzung her sehr wenig mit den anderen Trocken­rasen des Kraichgaus zu tun, wächst aber ebenfalls auf trockenwarmen Ex­tremstandorten. Eine fast gleiche Pflanzengesellschaft finden wir auf reichen, kalkhaltigen Sanden der Oberrhei­nebene, z. B. bei Wiesental im NSG "Frankreich" oder bei Weiher. Charakterart ist der Feldbeifuß (Artemisia cam­pe­stris) mit seinen grüngräulichen Büschen. Da­neben sind besonders zu erwähnen das Feld-Manns­treu (Eryngium campestre), die Sichel­möhre (Falcaria vulgaris), das Nelkenköpfchen (Petrorhagia proli­fera), der Knorpelsalat (Chondrilla juncea) und der spektakulär violette Sand-Sommerwurz (Oro­ban­che arenaria), ein Schmarotzer auf Feldbeifuß.