Äcker und Weinberge

Noch vor wenigen Jahren galten die Pflanzen der Äcker und Gärten mit wenigen Ausnahmen (z. B. die dekorative Kornblume oder der Klatschmohn) als "Unkräuter", die von Bauern und Gartenbesitzern mit allen Mitteln der Chemie bekämpft wurden. Hier hat sich mittlerweile eine drastische "Selektion" in zwei Klassen vollzogen. Viele Ackerwildkrautarten, die nur auf mageren und extensiv genutzten Äckern überleben können, stehen kurz vor ihrer Ausrot­tung, an­dere Arten sind durch die intensive Dün­gung eher noch häufiger geworden und müssen besonders be­kämpft werden. Heutige Ertragsansprüche an die Landwirtschaft lassen keinen Raum mehr für Wild­kräuter. Fast unbemerkt hat sich daher ein großes Artenster­ben vollzogen: Dutzende von Arten der extensiven Äcker stehen in Baden-Württemberg kurz vor der Ausrottung oder sind bereits verschwunden. Nur wenige, aber gut bekannte Arten wie Kornblume, Klatschmohn und Ackerveilchen haben sich noch halten können. Das verdeckt natürlich für den Laien die eigentliche Tragik des Artenschwunds.

Auch im Bruchsaler Gebiet sind viele Arten bereits verschwunden. Besonders um die Kraichgau-Lehm­äcker steht es sehr schlecht; in der Rheinebene wurden die Äcker durch ihre schlechte Boden­quali­tät weniger beansprucht (Ausnahme Spargel­äcker) und sind noch etwas artenreicher. Aber auch hier sind schon viele Arten ver­schwun­den.

Auch die Neuanlage von Ackerrandstreifen wurde sowohl in der Rheinebene als auch im Kraichgau an etlichen Stellen erprobt, z. B. im Zuge von Biotop­vernetzungsmaßnahmen. Bisher sind spektakuläre Erfolge aber leider ausgeblieben.

 

 

Sandige Äcker

Sandmohngesellschaft

In diese Biotope hat sich vor allem in der Gegend von Forst, Karlsdorf und Büchenau eine erstaunli­che Vielzahl der Sandtrockenrasen‑ und Sil­bergras­flurarten gerettet, wo viele dieser Arten jetzt ein kümmerli­ches und selte­nes Dasein fristen. Durch zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft gera­ten viele dieser fast immer sehr nährstoftemp­find­lichen Arten in die Gefahr des Aussterbens. Die Sandäcker wurden ausführlich im Kapitel "Sandbiotope" besprochen.

Charakterarten sind z. B. Sandmohn (Papaver ar­gemone), Ehrenpreisarten (Veronica triphyllos, agrestis, arvensis etc.), Gelbsterne (Gagea arvensis und pratensis) oder die beiden fast ausgestorbenen Arten Mauer-Gipskraut (Gypsophila muralis) bzw. Mauer-Felsenblümchen (Draba mura­lis).

 

Sandige Getreideäcker

Die Getreideäcker der Ebene bringen niedrige Er­träge. Mineralische Düngung ist wenig erfolgreich, da die hohe Durchlässigkeit der Böden den Dünger meistens direkt in das Grundwasser transportiert und nicht zurückhält. Für die früher übliche, viel bessere Stall­mist­düngung fehlen heute die notwen­digen Mengen an Mist.

Die Getreideäcker der Ebene sind daher immer noch recht mager. Die hierher gehörigen Arten ha­ben sich vergleichsweise gut halten können. Be­son­ders Kornblume (Centaurea cyanus), Klatsch­mohn (Papaver rhoeas) und Saatmohn (Papaver dubium) überziehen wieder in großen Mengen die Felder mit ihren Blütenteppichen.

In freier Wildbahn verschwunden ist dagegen die Kornrade (Agrostemma githago), eine großblütige und dekorative Art, die wegen ihrer Giftigkeit gefürchtet war. Sie verbreitet sich über das Saatgut; die Samen werden bei der heute üblichen Saatgutreinigung entfernt. Letzte Exemplare der Art kommen noch bei Ham­brücken oder Kirrlach vor; in den vergangenen Jah­ren wurde sie in Erhaltungskultur genommen.

 

Lehmig‑tonige Äcker

Auch im Kraichgau mit seinen normalerweise guten und schweren Lössböden gibt es Bereiche, in denen extensive Ackernutzung und geringe Düngung sel­tenen Ackerwildkrautarten Lebensraum schaffte. Fast alle Arten stehen durch Intensivierung der Landwirt­schaft, starken Herbizideinsatz bei der Saat­gut­vermehrung und Flurberei­nigungsmaßnah­men kurz vor der Vernichtung. Sie gehören zu den sel­ten­sten und schützenswertesten Arten der Ge­mar­kung!

Ein Teil von ihnen sollte in Erhaltungskul­tur genommen werden. Dies sind u.a.: der Venuskamm (Scandix pecten-veneris): be­reits ver­schwunden, zuletzt 1982 am Eisenhut; die Tännelkräuter (Kickxia elatine und spuria), äußerst selten noch vorhanden; die Möhren-Haftdolde (Caucalis platycarpos), nur noch ein Vorkommen; der Gelbe Günsel (Ajuga chamaepitys), äußerst selten; der Einjährige Ziest (Stachys annua), oft zusam­men mit dem Gelben Günsel und ähnlich selten; der Acker-Zahntrost (Odontites verna), im Ge­biet verschwunden; die sehr kleine Borsten-Moorbinse (Isolepis se­ta­cea), bisher nur von der Gemarkung Kraichtal bekannt, oder der winzige Acker-Kleinling (Centunculus mini­mus), kaum zu finden und äußerst selten. Manche andere Arten wie der Frauenspiegel (Le­gou­sia speculum-veneris), das Klebrige Leimkraut (Si­lene noctiflora) oder der Gezähnte Feld­salat (Va­lerianella dentata) haben sich noch etwas länger gehalten.

Im Gebiet konzentrieren sich die Reliktvorkommen der seltenen Ackerwildkräuter im Hügelland beson­ders auf folgen­­de Zentren: das Gebiet des Eisenhuts und die Fluren süd­lich von Unteröwisheim, erstaunlicherwei­se (in Anbetracht der intensiven Nutzung) auch im hin­teren Rohrbachtal. Die Gemarkung Unter­öwis­heim ist nicht flurbereinigung, kleinteilig ge­nutzt und wird bei genauerer Nachsuche noch einige Überraschungen liefern. Das Gebiet rund um den Standortübungsplatz, wo sich noch einige interessante Arten halten konnten (Gelber Günsel, Ackerziest) und von dort aus in die Äcker im Lan­gental einwandern könnten. Kleine, extensive Äcker auf dem Michaelsberg und bei Obergrombach. Die Gemarkungen Heidelsheim, Helmsheim, Jöhlin­gen und Gon­delsheim sind dagegen intensiv land­wirtschaft­lich genutzt und äußerst verarmt.

 

Weinberge

Extensiv genutzte Weinberge sind ein Spezialbiotop für eine charak­teristische Artengemeinschaft mit vielen Zwiebelpflanzen, die tief im Boden sitzen und eine oberflächliche Bodenbearbeitung erlauben. Leider ist diese Artengemeinschaft mit dem Auf­kommen von Fräsmaschinen und inten­sivem Che­mikalieneinsatz im Weinberg verschwunden oder auf benachbarte Wegraine ausgewichen, wo sie ein kümmerliches Dasein fristet. Fast alle Arten finden sich nicht mehr direkt in Weinbergen des Ge­biets, sondern nur noch sehr selten an Wegrainen. Darun­ter fallen z. B. die Träubelhyazinthen (Muscari co­mosum, neglectum und racemosum), der Acker-Gelb­stern (Gagea arvensis) und der Milchstern (Ornithogalum umbellatum). Die Weinbergstulpe dagegen kam wohl nie im Gebiet vor.

Speziell an Weinbergsmauern finden wir den selte­nen Rundblättrigen Storchschna­bel (Geranium ro­tundi­fo­lium). Außerdem enthalten extensive Wein­berge zahlreiche Spezialistenmoose, so z.B. die sehr unge­wöhnli­chen Sphaerocarpus-Arten.

Heutige Weinberge enthalten meist nur noch ein­jährige, stick­stoffliebende Unkräuter, so z.B. Hüh­nerdarm (Stellaria media), Kleine Brennessel (Urtica urens), Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana), Persischer Ehrenpreis (Veronica persica) oder Hirt­entäschel (Capsella bursa-pastoris).