Das traurige Sterben des Sandmohns in Büchenau

Einzige intakte Population in der Bruchsaler Gegend kaputtbetoniert

Die Themen „Kampf gegen das Artensterben“ und „Rettet die Bienen“ sind in aller Munde. Aber in der Realität gehen das Artensterben und die Vernichtung von Arten durch die Verwaltungen weiter – schneller denn je.

 

Ein besonders schlimmer Fall trägt sich gerade auf der Gemarkung Büchenau zu. Dort lagen früher die letzten extensiven Getreideäcker rund um die L 558 und K 3529. Autofahrer konnten die leuchtend roten Mohnfelder mit blauen Kornblumen schon von weitem sehen. Die AGNUS setzte sich schon seit vielen Jahren für den Erhalt dieser Flächen ein, nachdem die Flurbereinigung bereits den überwiegenden Teil der Äcker in intensiv gedüngte, monotone Getreideflächen verwandelt hatte. Der Acker nordwestlich der Kreuzung, früher noch eine letzte Fundstelle seltenster Käfer und Ackerpflanzen, wurde intensiviert, aber – viel schlimmer – nordöstlich der Kreuzung wurden die Klatschmohnäcker in Folienspargel verwandelt!

Blieb also noch eine kleine Fläche zwischen der Kreuzung und dem Büchenauer Ortsgebiet, das Gewann „Grausenbutz“. Hier gab es noch eine Fülle von seltenen Ackerwildkräutern, insbesondere die letzte intakte Population des kleinen, aber leuchtend gefärbten Sandmohns (Papaver argemone) in der ganzen Bruchsaler Region. Wo er wächst, da sind die Sandäcker noch in Ordnung, und es gibt zahllose weitere Pflanzen, vor allem aber seltenste Sandbienen und –käfer, zum Beispiel die vom Aussterben bedrohte Mohn-Mauerbiene (Osmia papaveris), die die Blütenblätter des Mohns zum Ausstaffieren ihrer Brutröhren verwendet.

Wie üblich bei „Umgehungsstraßen“, wurde nun von der Stadt Bruchsal beschlossen, den Ortseingang mit einem der standardisierten „Einzelhandelsgebiete“ zu verschönern, wie sie in der ganzen Region die Orte verhässlichen. Große betonierte Parkplätze, geeignet für spritfressende SUV, ermuntern die Bevölkerung dazu, viel mehr Zeit in ihren Autos zu verbringen.

Ein „Ausgleich“ für das Gebiet Grausenbutz findet flächenmäßig nicht statt. Anstelle dessen soll versucht werden, einige Äcker im Nordosten der Gemeinde Büchenau zu extensivieren (nachdem sie vor einigen Jahren durch die Flurbereinigung kaputtbereinigt worden waren!).

Bei den gesamten Erfassungen zum Gebiet wurden die Sandäcker und ihre seltenen Ackerwildkräuter von den beauftragten Gutachtern offensichtlich weitgehend übersehen. Die AGNUS und ihre Erfassungen wurden nicht gefragt. Man teilte der AGNUS mit, "bedauerlicherweise hätte das beauftragte Büro wohl die Vorkommen bei der Planung übersehen". Auch wir bei der AGNUS müssen uns vorwerfen lassen, dass wir jahrelang nicht genügend darauf geachtet und die AGNUS-Mitglieder im Stadtrat die Situation nicht adressiert haben.

Die AGNUS versuchte 2020 noch in einer Notaktion, einige Samen des Sandmohns zu gewinnen und sie in das Gebiet „Todtschlag“ zu übersiedeln, leider wohl erfolglos. Jetzt sind im „Grausenbutz“ nur noch wenige Exemplare vorhanden, ganz zu schweigen von den seltenen, am Mohn lebenden Käfern.

Nachdem es schon zu spät war, entwickelte die Stadt Bruchsal 2021 dann doch noch ein schlechtes Gewissen und beauftragte einen freiberuflichen Biologen mit dem Versuch der Rettung des Sandmohns. Aber auch dieser Versuch wird wohl scheitern, denn es gibt, wenn überhaupt, nur noch einige wenige Pflanzen, wo es 2020 noch viele Tausende waren.

Oft rufen uns Büchenauer Mitbürger an und beklagen sich über die hässliche Naturzerstörung und den Verlust der Naherholung im Norden von Büchenau. Wo früher bunte Äcker waren, erstrecken sich jetzt Industriegebiete, Baggerseen, Umgehungsstraßen, Lärmschutzwälle. Keine gute Perspektive für neue Mitbürger, und davon sollen in den nächsten Jahren viele in Büchenau angesiedelt werden. Dann werden sie eine tote Natur bestaunen können.

Gibt es Hoffnung? Leider nicht. Diese Geschichte hat kein gutes Ende. Die Stadtverwaltung Bruchsal hat weder das Know-how, die Ressourcen noch die Instrumente, dem Artensterben wirksam entgegenzutreten, und die wenigen engagierten MitarbeiterInnen im Umweltamt stehen weitgehend auf verlorenem Posten. Wir leiden alle darunter, nicht nur der Sandmohn.

 

(7.6.2021 MHa)